Erbschaft( und Schenkung-)steuer auf Betriebsvermögen – aktuelle Begünstigungen sind verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat bekanntlich mit seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 die geltenden Regelungen zur steuerrechtlichen Begünstigung von Betriebsvermögen – erwartungsgemäß – für verfassungswidrig erklärt (Az. 1 BvL 21/12). Weil sie den Gleichheitsgrundsatz gegenüber Erben von Privatvermögen verletzen, muss der Gesetzgeber bis zum 30.6.2016 eine Neuregelung finden.

Tatsächlich gelang es bisher mit fachkundiger Beratung relativ zuverlässig, 85 % oder gar 100 % des Betriebsvermögens zu „verschonen“. Die §§ 13a und 13b des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) müssen bis zum 30.6.2016 so geändert werden, dass die Steuerverschonung angemessen mit Sach- und Gemeinwohlgründen belegt wird.

Bedürfnisprüfung oberhalb einer Mittelstandsgrenze wird eingeführt

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können auch in Zukunft mit einer Privilegierung bei der Erbschaftsteuer rechnen. Diese Praxis hat das BVerfG grundsätzlich nicht beanstandet. Bei großen Unternehmen wird es allerdings künftig eine nachvollziehbare Bedürfnisprüfung geben. Es ist zu erwarten, dass dafür neue Kriterien und aufwendige Nachweispflichten entwickelt werden.

Das BVerfG hat dem Gesetzgeber konkret aufgetragen, eine angemessene Grenze zwischen KMU einerseits und großen Unternehmen andererseits zu ziehen. Es könnte also passieren, dass Ihr Unternehmen künftig unter die Klasse der „Großen“ und damit unter die neue Bedürfnisprüfung fällt. Wird zum Beispiel die einschlägige EU-Empfehlung 2003/361/EG zugrunde gelegt, wäre das ab 250 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als 50 Mio. Euro/einer Bilanzsumme von mehr als 43 Mio. Euro der Fall.

Lohnsummenregel wird angepasst

Aber auch für kleine Unternehmen bleibt nicht alles beim Alten. Bisher konnten sich Unternehmen aller Größenklassen die Verschonung von 85 % oder 100 % des Betriebsvermögens „erdienen“, indem sie Betrieb und Arbeitsplätze über mehrere Jahre hinweg erhielten. Der Nachweis war über eine im Wesentlichen stabile Lohnsumme zu erbringen (s. §13a Abs. 1 und 8 ErbStG). Es bleibt abzuwarten, wie dies nun insbesondere für große Unternehmen geändert wird.

Fest steht aber: Künftig werden sich auch Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten an eine Lohnsummenregel halten müssen. Bisher waren sie davon ausgenommen (§ 13a Abs. 1 Satz 3 ErbStG). Eine Sonderregelung könnte es allenfalls für Unternehmen mit „wenigen“ Beschäftigten geben, so das Gericht. Welche Grenze die Bundesregierung hier zieht, bleibt abzuwarten. Sie könnte z.B. bei maximal 10 Mitarbeitern liegen in Anlehnung an diese Grenze in § 267a HGB.

Verwaltungsvermögensgrenze wird abgesenkt

Bisher durfte der Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 % betragen, ohne dass die Steuerverschonung gefährdet war (s. § 13b Abs. 2 ErbStG). Diese Grenze wird wohl künftig abgesenkt, weil sie einen übermäßigen Anreiz setzte, Grundstücke, Beteiligungen, Kunstgegenstände u.a. als Betriebsvermögen zu deklarieren, die tatsächlich gar nicht betrieblich benötigt wurden.

Was können Sie jetzt tun?

Wegen der durch das BVerfG angeordneten Fortgeltung der §§ 13 a und b ErbStG kann Betriebsvermögen grundsätzlich noch bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung weiterhin mit den aktuellen Steuerprivilegien übertragen werden. Eine „maßlose Ausnutzung“ dieser Privilegien sollte vermieden werden. Darunter dürften solche Gestaltungen zu verstehen sein, die sich gerade auf die vom BVerfG als zur Begründung der Verfassungswidrigkeit herangezogenen Aspekte stützen. Wichtig für jede künftige lebzeitige Übertragung von Betriebsvermögen bis zur gesetzgeberischen Neuregelung wird zudem die Aufnahme von genau definierten Rückforderungsrechten in den Schenkungsvertrag zur Absicherung gegen die aktuellen steuerlichen Unsicherheiten sein.

Ob und welche Entscheidung im Fall Ihres Unternehmens die richtige ist, sollte mit einem auf das Erbrecht und Steuerrecht spezialisierten Rechtsanwalt und Notar besprochen werden.