Unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht

Wie Sie für den Notfall vorbeugen

Die vorübergehende oder dauernde Handlungsunfähigkeit des Einzelunternehmers, Gesellschafters oder Geschäftsführers führt zu kaum mehr reparablen wirtschaftlichen Konsequenzen im Betrieb bis hin zur Insolvenz – wenn nicht vorgesorgt wird! Die Vorsorgevollmacht mit integrierter Patientenverfügung (neues Recht seit dem 01.09.2009) liegt im Trend – das zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer in Berlin registriert monatlich zehntausende von Vorsorgevollmachten. Ohne Vorsorgevollmacht kommt es zwingend zur Bestellung eines Betreuers durch das Betreuungsgericht.

Aber: Die unternehmensbezogenen (betrieblichen) Vollmachten führen ein Schattendasein. Die in der Praxis bekannten Instrumente wie Prokura und Handlungsvollmacht reichen selten aus, um für mittelständische Unternehmen Vorsorge zu treffen:

Zwar umfasst die regelmäßig als Generalvollmacht ausgestaltete Vorsorgevollmacht „an sich“ auch den beruflichen oder unternehmerischen Bereich, aber:

  • Der Unternehmer muss die besonderen Spielregeln des Berufs- und des Handels- und Gesellschaftsrechts für die Erteilung von Vollmachten berücksichtigen (z. B. Umfang der Vertretungsregelung, Prinzip der Selbstorganschaft bei Personengesellschaften, Ausschluss/Einschränkungen durch den nicht immer aktuellen Gesellschaftsvertrag).
  • Diese „normale“ Vollmacht muss im Unternehmensbereich um eine klare Handlungsanweisung ergänzt werden, mit der der Unternehmer zumindest in groben Zügen festlegt, was aus seinem Unternehmen wird, wenn er durch Unfall oder Krankheit für längere Zeit oder auf Dauer ausfällt.

Achtung: Der Unternehmer sollte die Vollmachten für den Privat- und den Geschäftsbereich trennen! Im privaten Bereich kann etwa die Ehefrau / der Sohn/die Tochter zusammen mit der Unterstützung eines Vorsorgeanwalts eingesetzt werden, der auch als Bindeglied zum Unternehmen dienen kann; deswegen muss der Unternehmer immer auch eine Vollmacht in persönlichen Angelegenheiten erteilen. In der Handlungsanweisung äußert der Unternehmer seine Vorstellungen zum weiteren Schicksal des Unternehmens bei seinem zeitweiligen oder völligen Ausfall und legt den Handlungsrahmen des Bevollmächtigten fest:

Sie gibt die Betriebsfortführung, die Übertragung, den Verkauf oder die Liquidation des Unternehmens vor, insbesondere auch die Reihenfolge solcher Maßnahmen (so steht die Betriebsfortführung im Vordergrund). Sie hat neben der Aufrechterhaltung des Lebenswerkes des Unternehmers auch den Vorteil, dass sich der Unternehmer dabei wiederkehrende Erträge zur eigenen Altersvorsorge vorbehalten kann.

Die Handlungsanweisung muss typische unternehmensbezogene Fragen regeln wie etwa

  • nicht allg. über Vermögensgegenstände jeder Art, sondern auch speziell über Domains, Marken, Patente, Lizenzen und andere betriebsbedingte Wirtschaftsgüter und Rechte zu verfügen
  • Bürgschaften und Patronatserklärungen abzugeben
  • Arbeits- oder Dienstverhältnisse abzuschließen, zu ändern oder zu kündigen
  • in Gesellschafterversammlungen Erklärungen abzugeben, Beschlüsse zu fassen,
  • Unternehmensverträge zu schließen
  • Umwandlungen, Verschmelzungen, Betriebsspaltungen, aber auch Betriebsschließungen und Teilbetriebsveräußerungen durchzuführen
  • Handelsregisteranmeldungen abzugeben

In der Handlungsanweisung ist möglichst zu regeln, ob und in welchem Maße von der Vollmacht im Ausland (Tochtergesellschaft, Niederlassung, Handelsvertreter) Gebrauch gemacht werden soll.

Die dauerhafte Fortführung des Unternehmens durch Dritte wird nur dann möglich sein, wenn das Unternehmen nicht zu sehr von der Persönlichkeit und dem Wissen des „Patriarchen“ abhängig ist.

Auch muss hier die „Brandmauer“ zwischen betrieblichem und privatem Vermögen aufrechterhalten bleiben, also das Unternehmen im Zweifel schnellstens in eine haftungsbeschränkte Form (GmbH) umgewandelt werden.

Je nach Qualität des Gesellschaftsvertrages sind auch Stimmrechtsvollmachten Gegenstand der Handlungsanweisung, insbesondere dann, wenn der Unternehmer Mitgesellschafter ist. Diese unternehmensbezogene Vorsorgevollmacht unterscheidet sich von der allgemeinen privaten Vorsorgevollmacht vor allem dadurch, dass sie auf den Fortbestand des Unternehmens ausgerichtet ist. Es handelt sich also nicht so sehr um ein Instrument zur Aufrechterhaltung der Selbstbestimmung des Betroffenen dann, wenn er nicht mehr handlungsfähig ist, sondern um ein Instrument der Unternehmenssicherung und – nachfolge mit allen Konsequenzen für die Mitarbeiter und die Familienangehörigen. Es gelten hier dieselben Grundsätze wie bei der allgemeinen Nachfolgeregelung.