Vor- und Nacherbschaft

Wer eine Erbschaft macht, kann im Regelfall darüber frei verfügen und das Vermögen nach eigenem Willen weitervererben. Das geht allerdings nicht, wenn der Erblasser von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, per Testament oder Erbvertrag einen Nacherben zu bestimmen. Der erste Erbe ist dann lediglich Vorerbe. Der Nacherbe erwirbt zunächst ein Anwartschaftsrecht und erhält das Vermögen des Erblassers, wenn der Vorerbe stirbt oder wenn der vom Erblasser bestimmte Zeitpunkt oder das Ereignis eintritt (§ 2100 ff. BGB).

Typische Gründe für eine Nacherbschaft

  • Kinder aus erster Ehe oder Blutsverwandte sollen erben. So kann in einer kinderlosen Ehe die Ehefrau ihren Ehemann als Vorerben einsetzen, als Nacherben aber einen Blutsverwandten bestimmen. Ähnlich können die Kinder aus erster Ehe als Nacherben des zweiten Ehegatten (Vorerbe) eingesetzt werden.
  • Die Unternehmensnachfolge soll zunächst durch eine erfahrene Person angetreten werden. So kann die Ehefrau Vorerbin sein, der dann die Tochter als Nacherbin folgt.
  • Das Vermögen soll bewahrt und vor Risiken geschützt werden. Der Vorerbe darf nicht über Grundstücke oder Grundstücksrechte, Schiffe und Schiffsbauwerke verfügen und nur ausnahmsweise Schenkungen aus dem Vorerbe leisten (§ 2113 BGB).
  • Die Erbschaft soll erst mit einem besonderen Ereignis eintreten: Die Nacherbschaft kann nicht nur für den Todesfall des Vorerben angeordnet werden, sondern auch für ein bestimmtes Lebensalter, Heirat oder den Abschluss einer Berufsausbildung. Es können auch Bedingungen gestellt werden.

Welchen Nutzen kann der Vorerbe ziehen?

Da der Nacherbe für einen späteren Zeitpunkt als Erbe eingesetzt ist, ist der Vorerbe eine Art Treuhänder. Er darf über die Nachlassgegenstände verfügen (wichtigste Ausnahme: Grundstücksgeschäfte und Schenkungen), also z.B. Mieten oder Zinsen daraus ziehen, ist aber zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet, und zwar so, wie er dies in eigenen Angelegenheiten täte (§§ 2130 I 1, 2131 BGB). Der Erblasser kann ihn allerdings teilweise oder vollständig von einzelnen Beschränkungen und Verpflichtungen freistellen (§§ 2136-2137 BGB), so dass er fast die Rolle eines „regulären“ Erben einnimmt.

Die Einsetzung einer Vor- und Nacherbschaft ist nur durch Testament oder durch (notariellen) Erbvertrag möglich. Dabei sind mögliche Risiken zu beachten. Was soll zum Beispiel passieren, wenn der Nacherbe vor dem Vorerben stirbt oder wenn jetzt noch Unsicherheit über den geeigneten Nacherben, z.B. eines Unternehmens, besteht? Eine ausführliche Beratung durch einen Notar oder im Erbrecht erfahrenen Anwalt ist unbedingt anzuraten.